Philipp Lehmann

Schiedsrichterbeauftragter

Q & A mit Philipp Lehmann

Wir stellen euch unseren Schiedsrichterbeauftragten Philipp Lehmann vor! In diesem Q & A erfahrt ihr die wichtigsten Dinge.

  • Warum bist du Schiedsrichter geworden?

    Das sind/waren zwei Gründe: Der erste Grund war, dass wir bei unseren Jugendspielen, als ich noch selbst Fußball gespielt habe, immer ältere Schiedsrichter hatten. Die liefen nur am Mittelkreis herum und wollten mir dann aus 50 Metern sagen, dass der Ball im Toraus war. Da kamen so die ersten Gedanken, dass ich das besser kann. Der zweite Grund war mein Nachbar, welcher zu dem Zeitpunkt auch Schiedsrichter war. Mein Vater und er hatten im Garten geredet. Ich kam dann heraus und habe mich bei einem Bundesliga-Spiel über den Schiedsrichter aufgeregt. Mein Nachbar kam dann auch mit dem Aspekt, dass ich es doch besser machen kann. Dann sagte er, dass wenn ich jetzt mit meinen 16 Jahren anfange, dann kann ich es eventuell in die Bundesliga schaffen. Das ist bei mir hängen geblieben. Ich habe danach E-Jugend-Spiele vom TSV gepfiffen und dann kam einer vom Verein auf mich zu und fragte, ob ich den Schiedsrichter-Kurs machen möchte, um dann ein richtiger Schiedsrichter zu werden. Das habe ich dann gemacht und bin jetzt seit Februar 2016 Schiedsrichter.

  • Was war dein schönstes Erlebnis als Schiedsrichter?

    Das schönste Erlebnis war das Sennerpokal-Finale 2022 in Neckartailfingen. Ich durfte als Assistent vom Bundesliga-Schiedsrichter Martin Petersen die Partie mitleiten.

  • Was erhoffst du dir als Schiedsrichterbeauftragter beim TSV Grötzingen bzw. was sind deine Ziele, wie stellst du dir dein Ehrenamt vor?

    Das erste Ziel ist es, dass wir junge Schiedsrichter gewinnen. Zum einen, dass der TSV besser aufgestellt ist. Aich und Neuenhaus beispielsweise stellen gar keine Schiedsrichter, weshalb ich gefühlt fast ein Alleinstellungsmerkmal in Aichtal habe. Zum anderen aber auch, dass wir bei uns in der Schiedsrichtergruppe wieder mehr junge Schiedsrichter haben. Die Schiedsrichter-Zahlen gehen immer mehr zurück, was ich auch an meiner Anzahl an Spielen merke, welche zwischen 50-60 Spielen pro Saison liegt. Durch neue Schiedsrichter wird diese natürlich reduziert. Als mein zweites Ziel, wenn das erste erreicht ist, möchte ich den Schiedsrichtern ein Ohr geben und dafür sorgen, dass sie mehr Aufmerksamkeit im Verein erhalten. Ich hatte eigentlich nie eine Ahnung, an wen ich mich vom Verein wenden kann, wenn ich etwas besprechen möchte. Das möchte ich als Schiedsrichterbeauftragter ändern.

  • Spieler, Funktionäre und Zuschauer sind oftmals frustriert und gehen dann gegen Schiedsrichter. Das ist mit einer der Gründe, warum die Anzahl der Schiedsrichter rückläufig ist. Wie gehst du damit während und auch nach Spielen um und was kannst du Mädchen und Jungs mitgeben, was sie trotzdem überzeugen könnte, als Schiedsrichter einzusteigen?

    Diese Frustration bekommt man natürlich sehr stark mit. Vor allem in den ersten Spielen als neuer Schiedsrichter weiß man nicht, wie man damit umgehen kann/soll. Ich wurde auch schon beleidigt und angegangen, das möchte ich gar nicht schönreden. In meinem allerersten Herrenspiel gab ich in der Nachspielzeit einen Elfmeter und wurde daraufhin von 3 Spielern angerannt/umzingelt und von einem als Pisser beleidigt. Das nimmt dich als 18-jähriger natürlich mit. Das ist aber natürlich die Ausnahme. Über die Jahre wird man dann routinierter. Ich war/bin jemand, der sehr viel mit den Spielern im Spiel redet, was mir zugutekommt im weiteren Verlauf des Spiels. Ich weiß nun, was ich sagen/tun muss, um in stressigen Situationen sozusagen die Oberhand gegenüber dem Spieler zu haben. Man wird sozusagen „abgehärtet“, wenn es um diese Situationen geht und lässt sich dann nicht mehr einschüchtern, sodass man nicht die Fassung verliert während und nach dem Spiel. Sollte es aber zu solchen Situationen kommen, dann habe ich meine Schiedsrichter-Kollegen, die mir gerne und gut helfen, um Lehren daraus zu ziehen. Was ich Mädchen und Jungs mitgeben kann, um sie zu überzeugen, ist einiges: Als Schiedsrichter wird man selbstbewusster. Man achtet auf seine Körpersprache, auf einen geraden Rücken. Man lernt, mit fremden Leuten und unterschiedlichen Charakteren umzugehen, welche man jedes Wochenende kennenlernt. Ich habe sonntags im Normalfall meine Spiele an einem Ort, an dem ich davor noch nie war und meistens noch nie gehört habe. Man lernt, in Stresssituationen ruhig und besonnen zu bleiben, wenn man von Spieler angesprochen oder angerannt wird. Man lernt, Entscheidungen alleine zu treffen, ohne die Hilfe von anderen und diese Entscheidungen dann selbstbewusst nach außen zu präsentieren. Ein Schiedsrichter trifft pro Spiel ca. 200-250 Entscheidungen, wodurch dieses Selbstbewusstsein immer stärker wird. Die Kommunikation wird sich ebenfalls verbessern, da man als Schiedsrichter natürlich die richtigen Worte finden muss, um zum Beispiel einem Spieler die gelbe Karte zu erklären oder warum der Angreifer nicht im Abseits stand. All diese Sachen übertragen sich natürlich dann in das private Leben, weg vom Fußball. Es hilft beispielweise, wenn man sich bei Unternehmen bewerben möchte. Man zeigt als Schiedsrichter, dass man in stressigen Momenten die Ruhe bewahren, Entscheidungen ruhig trifft und diese dann stark präsentieren kann. Zudem bekommt man bei Herrenspielen pro Spiel ca. 40-60 €, was ein schönes Taschengeld für eine Sache ist, die man gerne macht.

  • Wie gehst du mit Situationen um, in denen du dir unsicher über deine Entscheidung bist?

    Mit das Wichtigste als Schiedsrichter ist die Außenwirkung, d. h. Brust raus, gerader Rücken und die Ruhe bewahren, so kann man auch Fehlentscheidungen besser verkaufen, da du zeigst, dass du dir sicher warst (oder es zumindest so wiedergibst). Jeder Schiedsrichter macht Fehler, selbst die Schiedsrichter in der Bundesliga… und das mit VAR. Das ist im Amateurbereich dann natürlich genauso, daher muss man sich nicht so viele Gedanken darüber machen. Mit der Erfahrung denkt man meistens nicht mal eine Sekunde darüber nach und vergisst es wieder. Es wird sich in den meisten Fällen sowieso nichts ändern, das liegt in der Vergangenheit. Zudem muss man immer die Gedanken frei haben und auf die nächste Situation achten, was bei 200-250 Entscheidungen pro Spiel natürlich sehr schnell kommt.